Tobias Hoffmann
Vor ein paar Wochen fuhr eine Bekannte zum Hauptbahnhof, auf der Suche nach dem Magazin «Donna». Ihre Tochter hatte sie auf einen Artikel in diesem Frauenmagazin aufmerksam gemacht. Nachdem sie eine Weile im Untergrund des HB umhergestreift war, kehrte sie unverrichteter Dinge nach Hause zurück. Sie konnte keinen Presseladen mit breitem Angebot mehr finden.
Vor fünf Jahren wäre unmittelbar klar gewesen, wohin sie ihre Suche geführt hätte: zum Press & Book-Shop an bester Lage im Südtrakt, mit Eingang von der grossen Bahnhofshalle her. Hier war es möglich, sich vor einer Zugreise in Kürze mit vielfältigstem Lesestoff einzudecken. Das weitläufige Lokal mit einem breiten Angebot an Zeitungen, Zeitschriften, Belletristik, Reisebüchern und Landkarten wurde im April 2020 im Zuge der Renovation des Hauptbahnhofs geschlossen.
Nach der Wiedereröffnung der Läden vor einem knappen Jahr zeigte sich: Der Presseshop ist weg. Übrig geblieben ist ein schmaler Kiosk mit minimalstem Angebot (siehe Bild unten links). Nebenan gibt es statt wie früher Zeitschriften nun Sprüngli-Pralinés zu kaufen – wogegen natürlich nichts einzuwenden ist. Eine Anfrage bei Valora, der Betreiberin der Press & Book-Shops, ergibt, dass Valora sich für die Zeit nach der Renovation wieder für eine Ladenfläche am gleichen Ort beworben, den Zuschlag der SBB aber nicht mehr erhalten hatte. So sagt es Maximilian Schenner, Mitarbeiter Corporate Communications bei Valora. Der Presseshop brachte offenbar nicht genug Umsatz.
Viele Standorte mit wenig Angebot
Der Hauptbahnhof Zürich ist mit etwa 400 ′000 Personen pro Werktag der weitaus frequenzstärkste Bahnhof der Schweiz. Wie kann es sein, dass man hier daran scheitert, intuitiv ein breit gefächertes, gut präsentiertes Presseangebot zu finden? Fabienne Thommen, Mediensprecherin der SBB, beantwortet die Frage so: «Während Press & Books in der Haupthalle nicht mehr vertreten ist, gibt es im Hauptbahnhof Zürich insgesamt neun ‹k-kiosk›-Filialen, die Presseprodukte verkaufen.» Insbesondere das Presse-Center im Shopville stelle mit einer grossen Auswahl an Presseprodukten sicher, dass die Nachfrage nach Printmedien weiterhin gedeckt werde.
«k-kiosk» ist genau wie «Press & Books» ein Verkaufsformat der Valora-Gruppe, die in der Schweiz und in anderen europäischen Ländern rund 2800 Verkaufsstellen an Hochfrequenzlagen betreibt. Tatsächlich findet man im Hauptbahnhof solche Kioske beinahe auf Schritt und Tritt. Die meisten führen jedoch ein sehr limitiertes Pressesortiment. Manchmal ist es in eine kleine Nische verbannt. Auch in der Querhalle, nahe bei den Geleisen, gibt es zwei Kioske; der eine davon ist eine klassische Bude mit Zeitungsständern (siehe Bild unten rechts). Hier allerdings schrumpft die Weltstadt Zürich beinahe zur Dorfgrösse. In italienischen Kleinstädten ist das Zeitungsangebot stattlicher.
Und wo das sogenannte Presse-Center ist, muss man zuerst einmal herausfinden. Als solches angeschrieben ist es nicht. Und wenn man es nach einigem Werweissen gefunden hat, erweist sich seine Lage als wenig attraktiv. Steigt man von der Bahnhofstrasse ins Shopville herab, erkennt man links hinter dem Wasserfall-Würfel eine hellblaue «k-kiosk»-Tafel. Die Filiale legt sich in L-Form um den Abgang zum SZU-Bahnhof. Es gibt zwei Eingänge von verschiedenen Gassen her. Die Ecke für die Presseprodukte belegt geschätzte 15 bis 20 Quadratmeter. Der verschwundene P & B-Shop hatte laut Maximilian Schenner von Valora demgegenüber 133 Quadratmeter Verkaufsfläche.
 
 
