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02.11.2024
29.10.2024 10:48 Uhr

Suche nach Vater zu Unrecht gebremst

Bild: shutterstock.com
Das Bundesgericht hebt einen Entscheid des Schwyzer Kantonsgerichts auf und erlaubt einem 27-Jährigen die Fortführung seiner Vaterschaftsklage.

Der heute 27-jährige Mann, für den im Personenregister kein Vater eingetragen ist, fragte immer wieder bei seiner Mutter nach, wer sein Vater sei. Im Juli vor drei Jahren lüftete die Mutter das Geheimnis. So machte sich der Sohn daran, seinen Vater kennenzulernen. Bei einer ersten Konfrontation stritt der mutmassliche Vater aber seine Vaterschaft ab – und er tut das heute noch.

Kantonsgericht erklärt Klage als verspätet eingereicht

Der junge Mann gab aber nicht auf. Im März 2022 klagte er beim Bezirksgericht Einsiedeln gegen den angeblichen Vater auf Feststellung der Vaterschaft. Er verlangte, die Vaterschaft sei zivilstandsamtlich einzutragen und beantragte auch Unterhaltspflicht. Das Bezirksgericht beschränkte das Verfahren zunächst auf die Vaterschaftsklage und ordnete die Einholung eines DNA-Gutachtens an.

Auf die Berufung des mutmasslichen Vaters hob das Kantonsgericht den Entscheid des Bezirksgerichts auf und trat auf die Vaterschaftsklage nicht ein, weil sie verspätet eingereicht worden war. Eine Vaterschaftsklage ist vom Kind laut Gesetz vor Ablauf eines Jahres nach dem Erreichen der Volljährigkeit einzureichen. Nach Ablauf dieser Frist werde eine Klage nur zugelassen, wenn die Verspätung mit wichtigen Gründen entschuldigt werde. Ein entschuldbarer Grund liege insbesondere vor, wenn das Kind erst nach Ablauf der gesetzlich festgelegten Frist erfährt, wer sein biologischer Vater sei oder sein könne. Das Kind muss sich nach der Kenntnisnahme aber so schnell wie möglich auf die Suche begeben, ansonsten die Verspätung nicht mehr als entschuldbar betrachtet wird.

Das Kantonsgericht vertrat die Auffassung, dass sich der Sohn zu lange Zeit genommen habe. Er habe, nachdem er im Juli 2021 von seiner Mutter die Information erfahren habe, eine Aussprache mit seinem angeblichen Vater bis Ende 2021 hinausgezögert, und dann habe er sich nochmals drei Monate Zeit gelassen, bis er die Vaterschaftsklage einreichte. Diese Zeitverzögerung lasse sich laut Kantonsgericht nicht mehr rechtfertigen.

Bundesgericht kritisiert Urteil «in dieser Schärfe»

Das vom Sohn angerufene Bundesgericht kam zum Schluss, dass das Kantonsgericht die Umstände des Einzelfalls nicht – wie in solchen Fällen erforderlich – geprüft habe. Das Kantonsgericht habe zudem von seinem zukommenden Ermessen falschen Gebrauch gemacht. Die halbjährige Frist zwischen der Lüftung des Geheimnisses und der Kontaktnahme betrachtete das Bundesgericht als «angemessen». Da der Mann die Vaterschaft verneinte, habe der Sohn Zeit gebraucht, die Risiken und Folgen einer Vaterschaftsklage gegen den ihm bisher völlig unbekannten Mann abzuwägen. In Anbetracht dieses Einzelfalls habe nicht erwartet werden können, dass die Klage innert Monatsfrist erfolgen müsse. Die Vorinstanz habe so «Gesichtspunkte berücksichtigt, die jedenfalls in dieser Schärfe keine Rolle hätten spielen dürfen», halten die Bundesrichter in ihrem Urteil fest.

Das Bundesgericht hob das Urteil des Kantonsgerichts auf und ordnet das erstinstanzliche Bezirksgericht Einsiedeln an, die Vaterschaftsklage (insbesondere zur Durchführung einer DNA-Analyse) fortzuführen – ein wegweisendes Urteil. Die Gerichtskosten von 3000 Franken wurden dem mutmasslichen Vater auferlegt, der den Beschwerdeführer zudem mit 5000 Franken zu entschädigen hat.

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Ruggero Vercellone, freier Mitarbeiter Redaktion March24 & Höfe24